Mehr Care vor deiner Tür

Wie auch du einen Garten vor deiner Tür gestalten kannst, erfährst du im folgenden Interview. Wir haben mir Guido Fellhölter vom Straßen- und Grünflächenamt Neukölln gesprochen und er hat wichtige Tipps für dich, wie auch deine Baumscheibenbepflanzung gelingen kann!

Hallo, Herr Fellhölter, wenn man als Bürger*in in Neukölln eine Baumscheibe bepflanzen möchte, ist das bei Ihnen gern gesehen?
Man hört, dass man in einigen Bezirken eine Genehmigung braucht. Wie ist das in Neukölln?

Grundsätzlich ist es so, dass man in Neukölln dafür keine Genehmigung braucht. Dafür bräuchten wir wieder Personal, welches das bearbeitet und das wäre gar nicht möglich. Außerdem finde ich es gut, den Bürger*innen auch Freiheiten zu lassen und nicht alles zu sehr zu reglementieren. Dennoch gibt es Spielregeln, welche wir vorgeben und die auch im Baumscheiben-Flyer beschrieben sind. Diese verhindern, dass man etwas falsch macht.

Daran hängen Themen wie Baumpflege, Verkehrssicherheit und Lärmbelästigung, woran man im ersten Moment vielleicht gar nicht denkt. Demnach sind hier auch verschiedene Akteure involviert: das Ordnungsamt, das Tiefbauamt, welches für die Verkehrssicherheit und den Straßenraum zuständig ist und wir als Grünflächenamt, das für die Pflege und Verkehrssicherheit von den Bäumen verantwortlich ist. Das sind sehr unterschiedliche Ansätze, die alle miteinander abgestimmt sein müssen.

Darf man einfach drauflospflanzen oder muss man dabei etwas beachten?

Es gibt schon recht viele Dinge, die man beachten sollte, weil es eben diese verschiedenen Gesichtspunkte gibt: Verkehrssicherheit, Verletzungsgefahren, Autos dürfen nicht zerschrammt werden, was passieren kann, wenn man z.B. die Abstandsregelung nicht einhält.

Bewegliche Teile in den Baumscheiben selber, wie Steine und Stöcker, sehen wir dort nicht gerne. Die schädigen zwar nicht die Bäume, aber können auf Gehwege oder Straßen rollen oder werden von Betrunkenen dorthin geworfen. Wir mussten in der Vergangenheit auch durchaus schon mal Baumscheiben räumen, weil sie nicht verkehrssicher waren.

Müllräumung ist sehr wichtig. Im besten Fall übernehmen das die Menschen, die die Baumscheibe angelegt haben und pflegen, aber auch die BSR braucht mindestens eine offene Seite, nämlich die zur Straße hin, damit sie den Müll dort auch mal rauskehren können.

Auch unsere Mitarbeiter*innen brauchen Platz für die Baumkontrolle. Das heißt, sie müssen an den Baum direkt herantreten können, um den sogenannten Wurzellauf kontrollieren zu können. Deswegen ist es ganz wichtig, dass nicht direkt an den Stämmen eine Bepflanzung erfolgt. Efeu oder Kletterrosen oder so müssten wir also entfernen. Es braucht unbedingt den Abstand zum Baum, der nicht bepflanzt ist, der nicht hoch angeschüttet oder mit Steinen zugelegt ist, weil wir sonst die Baumkontrolle nicht durchführen können und dann unserer Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommen können.

Wir sollten möglichst keine Veränderungen an dem sogenannten anstehenden Bodenhorizont vornehmen, weil der Baum seit vielleicht 20, 30, 40 Jahren an die Umgebung in dieser Form gewöhnt ist. Die Verhältnisse, die der Baum kennt, seitdem er dort steht, sollten sich durch eine Baumscheibenbepflanzung nicht ändern. Man darf also keinen Baum anschütten, mit Steinen oder komplett mit Holz abdecken, sondern es muss erstmal geschaut werden, ob die Baumscheibe vor der eigenen Haustür überhaupt geeignet ist. Sprich, ist diese groß genug, stehen da keine Baumböcke mehr drumherum? Solange noch Baumböcke da sind, sollte dort nicht gepflanzt werden.
Manche Menschen wollen auch ihre Baumscheiben vergrößern und nehmen Pflaster heraus. Auch das geht gar nicht. Es hat nicht jede Baumscheibe das ideale Maß für eine Bepflanzung.
Wichtig ist auch die Verkehrssicherheit der Einbauten oder wie man es bepflanzt. Es sollten keine Rosen oder andere Pflanzen mit Stacheln oder Dornen gepflanzt werden, denn da können Bürger*innen dran hängen bleiben oder Kinder sich verletzen. Es gibt häufig Gefahren, an die man gar nicht gleich denkt. Herausstehende Nägel aus der Holzkonstruktion – sowas geht natürlich auch nicht und da müssen wir auch tätig werden.
Verkehrssicherheit ist sowieso oberstes Prinzip. Der Gehweg sollte möglichst breit bleiben. Rollstuhlfahrer*innen oder Familien mit Kinderwagen oder ähnliches. kommen da sonst nur schwer durch.

Was eignet sich gut zum Pflanzen? Was hilft den Bäumen und dem Boden? Was sollte man auf keinen Fall pflanzen? Was ist vielleicht sogar verboten?

Was man aus meiner Sicht nicht pflanzen sollte, sind kleine Kräutergärten, da z.B. Minze, Basilikum oder Tomaten zum Verzehr anregen. Das reizt dann natürlich auch Kinder, da mal ranzugehen. Ganz wichtig ist auch, nichts zu pflanzen, das zu hoch wächst, damit die Einsehbarkeit des Verkehrsraums gegeben ist. Sonnenblumen sehen z.B. zwar klasse aus, sind aber mit 1,50 m zu hoch und dann nimmt ggf. der*die Autofahrer*in das Kind, was hinter dem Baum oder hinter der Baumscheibe in den Straßenraum hervortritt, möglicherweise nicht so schnell wahr. Es gibt auch niedrig wachsende Sonnenblumen, die nur 30 bis 40 cm groß werden.

Bei Starkregenereignissen knicken Pflanzen, Gräser, Sträucher bzw. höhere Stauden oft um und ragen dann entweder in den Straßenraum oder aber in die Gehwegbereiche. Deswegen wäre es gut, wenn das Gepflanzte eine gewisse Höhe von 40 bis 50 cm nicht überschreitet, sodass die Einsehbarkeit gegeben ist und wenn die Sachen umknicken, nicht unbedingt in den Verkehrsraum ragen.

Was ist also geeignet? Das ist abhängig vom Standort und wie das Substrat, also das Grundmaterial des Bodens, ist. Nicht alles funktioniert überall. Es gibt natürlich ein paar robuste Pflanzen, die in der Regel überall funktionieren: Gräser, Lavendel oder auch Stiefmütterchen oder auch Immergrün. Tulpen, Narzissen, Krokusse und ähnliches sehen toll aus aber da haben wir häufig das Problem, dass die Bürger*innen, diese klauen. Das ist dann natürlich immer sehr traurig für die Menschen, die sich da so viel Mühe gegeben haben.

Es gilt also der allgemeine Hinweis: Einfach ausprobieren!

Darf man einen Zaun um das Beet bauen, um es zu schützen? Gibt es besondere Vorgaben?

Ja, wenn er verkehrssicher eingebaut worden ist. Es ist ganz wichtig, dass die Seite zur Straße offen bleibt, damit sowohl Autofahrer*innen ein- und aussteigen können und die BSR den Müll raus ziehen kann. Der Abstand zum Straßenboard sollte mindestens 50 cm betragen. Der Zaun sollte deutlich wahrnehmbar sein, aber auch nicht zu hoch, 30 bis 40 cm sind kein Problem. Ansonsten kommen die Mitarbeiter*innen da  nicht ran. Außerdem verleitet eine hohe Umzäunung dazu, Müll hinein zu schmeißen.

Man sollte auch mit realistischem Augenmaß schauen, wo überhaupt was möglich ist. Wo Wurzeln vorhanden sind, kann ich keinen Zaunpfosten hinsetzen und muss vielleicht 20 cm weitergehen mit meinem Loch für den Pfosten oder eben gar keine einbringen. Damit würde man ansonsten die Wurzeln verletzen. Diese Wunden können zu Eintrittspforten für Viren, Bakterien und Pilze werden, welche den Baum schwächen, was dann auch ggf. zum Absterben führt. All das sind Dinge, die im Boden geschehen und die unsere Mitarbeiter*innen bei der Baumansprache später nicht sehen können. Auf Wurzeln sollte man also immer achten.

Was passiert, wenn man sich nicht mehr um die eigene Baumscheibenbepflanzung kümmern kann?
Muss man sie dann wieder entfernen oder Sie informieren?

Wenn eine Baumscheibe nicht mehr gepflegt werden kann, würden wir uns sehr wünschen, wenn zum Beispiel wenigstens der Zaun abgebaut wird, weil er sonst irgendwann nicht mehr verkehrssicher ist. Auch die Baumscheibe an sich sieht dann ungepflegt und zugewachsen aus und wird dann nicht mehr wirklich von der BSR, die für die Reinigung im öffentlichen Straßenland zuständig ist, berücksichtigt. Krautige Pflanzen kann man stehen lassen und bitte keine Blumenzwiebeln oder z.B. Lavendel rausziehen. Sträucher, die größer werden und die an sich immer geschnitten werden müssten, da wäre es schön, diese zu entfernen. Dabei muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der Baum und die Wurzeln nicht verletzt werden.

Wenn Baumscheiben aus irgendwelchen Gründen nicht mehr gepflegt werden und verkommen, werden wir bei unseren regelmäßigen Begehungen darauf aufmerksam und räumen diese notfalls ab. Die engagierten Bürger*innen würden uns aber sehr entgegenkommen, diese selbstständig abzuräumen, wenn sie sie nicht mehr pflegen können.

Was bringt eine Baumscheibenbepflanzung? Welchen Mehrwert bringt das? (Welche Motivation für Bürger*innen als Abschluss.)

Sie bietet eine Menge Vorteile. Zum Beispiel, dass die Bodenverdichtung nicht so stark ist. Bodenverdichtung ist grundsätzlich negativ für Bäume und deren Wurzeln. Wenn man das durch Bepflanzung verhindert, ist das eine sehr gute Sache, zumal dann auch der Lufthaushalt in den oberen Bodenschichten sich verbessert. 

Auch, dass die Baumscheiben gut gepflegt werden und hoffentlich regelmäßig gegossen und mehr gegossen wird als das, was die Pflanzen eigentlich brauchen, die man gepflanzt hat. Das kommt natürlich letztendlich dann dem Baum zugute. Die Böden trocknen dann nicht so schnell aus.

Ein weiterer Vorteil ist, dass dort nicht nur Wasser gehalten wird, sondern wir dort andere Habitate für Fauna und Flora haben bzw. schaffen. Das Kleinklima ist ganz wichtig und zieht u.a. natürlich Insekten und ähnliches an, was dann wiederum Nahrungsgrundlage für z.B. Meisen und andere Vogelarten ist. Das ist natürlich wahnsinnig komplex. Daher ist es einfach gut, wenn man auch kleinräumig gesehen eine möglichst große Diversität schafft.

Deshalb ist es auch nicht unbedingt von Vorteil, 8 bis 10 Mal im Jahr die Rasenflächen im öffentlichen Straßenland zu mähen, wie wir es früher getan haben. Das machen wir heute deutlich weniger, weil wir vielmehr Kleinstlebewesen in den Böden und bodennah haben und wollen im Hinblick Biodiversität. Es bietet z.B. bessere Nist- und Unterschlupfmöglichkeiten für Hummeln, Erdwespen, Marienkäfer usw., wenn wir dort weniger „pflegen“ im herkömmlichen Sinne. Wir mähen heutzutage die meisten Rasenflächen im öffentlichen Straßenland nur noch 2 bis 3 Mal, weil dadurch eine größere Vielfalt auf diesen Flächen vorhanden ist. Das fördert z.B. Bestände von Nützlingen wie Florfliegen und diversen Marienkäfern.

Letztendlich ist es immer gut, wenn möglichst viel begrünt und auch gut gepflegt ist. Gut gepflegt ist jedoch ein relatives Ding. Da gehen die Meinungen teilweise deutlich auseinander. Gut gepflegt kann eben auch im Sinne der Diversität schlecht überpflegt sein!

Ein Mehrwert der Baumscheibenbepflanzung für die Menschen ist auch, dass sie hoffentlich viel Freude und Spaß daran haben, Anerkennung von den anderen Leuten erhalten, die sich daran erfreuen. Nachbar*innen kommen ins Gespräch – auch das ist wahrscheinlich durchaus positiv.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Neukölln?

Ich wünsche mir mehr Achtsamkeit, nicht nur gegenüber unseren Bäumen und Baumscheiben, sondern auch beim Miteinander. Die eigenen Grenzen und die der anderen Menschen zu beachten. Wo fangen diese an und wo hören sie auf? Das gilt für das Grünen, aber auch die menschlichen Begegnungen. Es ist sehr traurig, dass wir immer wieder erleben müssen, dass manche Bürger*innen sich sehr viel Mühe geben – die Kolleg*innen vom Grünflächenamt natürlich auch – und es aber von einigen wenigen nicht wertgeschätzt wird, dass es zerstört wird, weggepflückt wird, dass man darüber läuft und so weiter.

Wichtig ist, dass wir merken, dass es unser aller Grün und unsere Stadt ist. Unser Stadtraum, den wir gestalten, den wir achten, ehren und schätzen und dabei auch an unsere Folgegenerationen denken müssen. Eine grüne Stadt bringt jedem etwas Positives, macht sie lebenswerter. Aber vom Grundsatz her ist natürlich ein wohleres Gefühl für alle Menschen, wenn sie durch die Straßen gehen und es gepflegt, sauber, bunt und grün ist.

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